Aladin El-Mafaalani: Das Integrationsparadox – warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt. Kiepenheuer & Witsch 2018
Ein spannendes und optimistisches Buch! Mein Erkenntnisgewinn bei der Lektüre dieses Buches liegt auf zwei Ebenen:
Ebene 1
Der Autor beurteilt die erfolgte Integration in Deutschland als recht gelungen. Seine These dabei ist, dass je besser die Integration gelingt, desto mehr Konflikte gibt es, ganz einfach weil mehr Menschen unterschiedlicher Herkunft und verschiedener Interessen mit am Tisch sitzen und mitreden und mitbestimmen wollen. Die Aushandlungsprozesse werden komplizierter, was den Anschein erweckt, dass es mehr Konflikte gibt.
Was der Autor dabei auch feststellt, ist, dass die Erwartungen an Teilhabe und Mitbestimmung schneller steigen als die Realität. Das sei etwas durchaus Normales und sei nicht weiter beunruhigend.
El-Mafaalani schildert mehrere Stufen der Integration. Die erste Generation stellt noch keinerlei Anforderungen mit am Tisch zu sitzen, die zweite Generation ist noch in ihrer Zugehörigkeit gespalten, zum einen ist sie der Elterngeneration und ihrer Herkunft verbunden und zum anderen durch das Aufwachsen im Aufenthaltsland geprägt. Mit jeder weiteren Generation nimmt der Anspruch an Teilhabe und Beachtung zu.
Ebene 2
Der Autor beschreibt dieses Integrationsgeschehen vor dem Konstrukt der offenen Gesellschaft. Durch Globalisierung, Migration, Technologisierung und Digitalisierung ist Deutschland inzwischen eine offene Gesellschaft. Regularien und Traditionen aus den vorvergangenen Dezennien sind aufgelöst und es gilt neue Aushandlungsprozesse zu etablieren. Mit dieser Vielfalt gilt es umzugehen und sie zu steuern. Da viele Menschen und Gruppierungen in der Bevölkerung damit nur schwer umgehen können, sind Schließungstendenzen zu verzeichnen wie Populismus, Links- und Rechtsextremismus, Salafismus u.a.
Ich finde diesen theoretischen Ansatz sehr konstruktiv, da er m.E. ein der Wirklichkeit angemessenes Erklärungsmodell für viele gesellschaftliche Konflikte ist. Damit gibt es dann auch andere Handlungs- und Bildungsmodelle, womit die Probleme an der Wurzel gelöst werden können.