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Sprache und so

 

Jetzt muss ich doch mal etwas plaudern. Klatsch und Tratsch ist doch immer nett. Ein bisschen Neugier schadet nie. Also, in letzter Zeit habe ich immer wieder gehört, wie meine Menschen sich über Sprache unterhalten haben. Erst habe ich gar nichts kapiert, denn Sprache ist doch Sprache, dachte ich. Aber dann bekam ich so Wortfetzen mit wie „gender“ (ich hatte keine Ahnung, was das war) oder „Geschlechtergerechtigkeit“. Und dann hörte ich, wie sie meinten, dass die Sprache sich aufblähe, kompliziert würde. Bei uns in der Katzen-Community sprechen wir weltweit eine einheitliche Sprache. Also, da war ich einigermaßen verwirrt und konnte mir irgendwie keinen Reim drauf machen. Aber so langsam begann ich einen Zusammenhang herzustellen. Ich schaue mit meinem Menschen ja doch öfters die Nachrichten und auch die eine oder andere Talkshow an, ist ganz interessant. Und da hörte ich „Bürger-Pause-innen“ oder „Politiker-Pause-innen“ oder ein komplett neues Wort wie „Vorständin“. Davor kannte ich nur „Vorstände“. Aber was soll’s. und dann hörte ich so Sätze wie „Sprache bildet Wirklichkeit ab.“ Oder „Die Wirklichkeit beeinflusst die Sprache“ oder „Die Rollenaufteilung zwischen Mann und Frau wird eben komplizierter und damit auch die Sprache.“ Mag ja sein, dass das bei menschens so ist. Bei uns Katzen ist das einfacher. Wir sind eine weltweite Community und wir sehen die Dinge global. In dem einen Land heißt es „die Katze“, im anderen „le chat“ oder, ganz super, als neutraler Oberbegriff „cat“ mit den Unterbezeichnungen „she-cat“ und „tom-cat“. Bei uns sind Katzen und Kater wirklich gleichberechtigt. Wir kämpfen um unsere Gebiete, jagen Mäuse, streifen durch Gärten, Felder und Wälder und genießen unser Leben. Ab und an gibt es eine kleine Auseinandersetzung, wenn wir unser Revier verteidigen oder wenn die Kater miteinander kämpfen. Na ja, wir Katzen sind auch nicht immer Engel, wenn ich dran denke, dass Else nicht wollte, dass ich durch ihren Garten gehe. Und klar, wir Katzen bekommen die Jungen und ziehen sie auf. Aber das geht ja doch schnell bei uns. Und manchmal wird ein Kater übergriffig. Oh ja, in meiner Jugend hat mich mein Mensch mal vor so einem Kater gerettet, vor dem ich solche Angst hatte. Er hat einfach immer für mich gesorgt. Aber jetzt schweife ich ab. Unsere Gesellschaftsordnung, also die in der Katzen-Community, ist seit Jahrtausenden gleich, ändert sich wenig und so können wir über die Zeit und all die Ländergrenzen hinweg die gleiche Sprache sprechen. Das erleichtert unsere Kommunikation untereinander doch ungemein. Vielleicht haben wir auch deswegen Kater Murr zu unserem Präsidenten gewählt. Sein literarisches Renommee ist einfach unangefochten.

 

Aber jetzt höre ich mit meiner Plauderei auf, sonst komme ich noch vom Hundertsten ins Tausendste. Reden wir miteinander, das ist doch das Beste.

 

 

 

In diesem Sinne, wie immer, ein herzliches Miau

 

Ihre Mimi Kuhrt, Katze